Hiwa K im Gespräch mit Ekaterina Degot und Christoph Platz

Das Projekt von Hiwa K ist eine neue und zeitgemäße Version einer 2006 uraufgeführten Arbeit, die mit Blick auf die heutige (post-)pandemische Realität prophetisch wirkt. Während seines vierjährigen Kunststudiums in Mainz lud Hiwa K Freunde ein, mit ihm Gerichte zu kochen, für die seine Mutter im Irak per Videoanruf Anweisungen gab.

Seit 2006 sind Videokonferenzen zu einer tragenden Säule der globalen Kommunikation geworden, die besonders für diejenigen wichtig sind, die im Tumult des letzten Jahrzehnts ihre Heimat verlassen mussten. Aber erst mit den pandemiebedingten Lockdowns wurden Videoanrufe mit Angehörigen zu einem allgegenwärtigen Mittel, den Alltag zu teilen und drastische Entfernungen zu überwinden, während das Kochen zuhause notwendigerweise zu einer Obsession und möglicherweise sogar zu einer neuen Form der Politik wurde.

Für die neue, postpandemische Ausgabe der Performance hat Hiwa K ein spezielles Imbissfahrrad entwickelt, das von Straßenständen im Irak und in Syrien inspiriert ist. Er lädt in Graz lebende Menschen mit Migrationshintergrund ein, enge Freunde und Verwandte anzurufen und ihre Lieblingsgerichte vor einem Publikum vor Ort zu kochen, um über Essen und seine versteckten politischen Dimensionen, über Traditionen und Familie ins Gespräch zu kommen – und darüber, wie es ist, weit weg von zu Hause zu leben. Die Veranstaltungen werden auch per Videostream übertragen und die Rezeptlisten im Voraus veröffentlicht, so dass Besucher:innen auch online teilnehmen können.


Bio
Hiwa K (1975, Sulaimaniyya, Autonome Region Kurdistan / Irak) verwebt in seinen Skulpturen, Videos und Performances seine eigene Biografie mit der von Freund:innen, Familienmitgliedern und völlig unbekannten Menschen. Er bringt in seinen Arbeiten schwierige Themen wie Krieg, Migration und die Auswirkungen des Neoliberalismus auf den Boden der Tatsachen, indem er sie in Zusammenarbeit mit Menschen aus allen Lebensbereichen entwickelt. Seine Arbeiten waren unter anderem zu sehen bei: New Museum, New York (2018, 2014); Documenta 14, Kassel und Athen (2017); KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2017); Biennale von Venedig (2015); Triennale, Paris (2012); Serpentine Gallery, London (2012); und Manifesta 7, Trentino-Südtirol (2008). Nach vielen Jahren in Deutschland lebt Hiwa K heute im Irak.

9.10., 17:00

YAP – Young Active People (Jugendzentrum der Stadt Graz) und online
Orpheumgasse 8
8020 Graz